Weg von Preis und Features hin zu Erlebnissen und Emotionen
Um für ihre Kunden relevant zu bleiben und sich von Konkurrenten zu differenzieren, müssen Marken und Produkte Erlebnisse schaffen. Wir zeigen, wie das geht.
Marken sind austauschbar. Nehmen wir das Beispiel eines Smart-TVs. Welchen Unterschied macht es für mich, ob ich einen Sony, Philipps oder Samsung Fernseher kaufe? Keinen. Die Produkte werden technisch immer besser und sind in ihren Eigenschaften nahezu identisch: Zugriff auf gängige Apps wie Netflix oder Sky, hervorragende Bildqualität, etc. Auch preislich liegen alle Marken nah beieinander. Wie können sich Marken also von ihren Konkurrenten abheben und sich in den Köpfen und Herzen ihrer Kunden verankern?
Der Punkt, an dem Unternehmen ansetzen müssen, ist das Kundenerlebnis, auf englisch «Customer Experience». Es ist ein zentrales Element im Kaufentscheidungsprozess und ein gut ausgestaltetes Kundenerlebnis kann einen echten Wettbewerbsvorteil schaffen (Forrester, The ROI Of CX Transformation, 2019).
Die Customer Experience umfasst alle Emotionen und Empfindungen, die vor, während und nach dem Kauf von Produkten oder Dienstleistungen von einem Kunden erlebt werden. Verbraucher möchten nicht mehr nur ein Produkt oder eine Dienstleistung kaufen, sie sind auf der Suche nach einem Erlebnis.
Das Prinzip ist folgendes: Nicht Beförderung mit der Bergbahn, sondern ein erlebnisreicher Tag in der Schweizer Bergwelt. Nicht 1 kg Kaffee, sondern eine Pause vom Alltag und Entspannung.
Interessant ist: Während 80% der CEOs glauben, ihren Kunden ein gutes Kauferlebnis zu bieten (stationär und online), teilen nur acht Prozent der Verbraucher diese Meinung (Bain & Company: Closing the delivery gap). Das bedeutet: 92 Prozent aller Konsumenten sind unzufrieden mit den Erfahrungen, die sie mit Unternehmen machen. Da ist also noch sehr viel Potenzial nach oben.
Der Wert von Design
Startpunkt für ein gelungenes Kundenerlebnis ist Design, wobei Design in diesem Kontext viel mehr bedeutet als nur «schön machen». Design geht weit über die visuelle Gestaltung hinaus. Eine gute Veranschaulichung ist die Dänische Designleiter des Dänischen Design Centers. Diese zeigt den Reifegrad eines Unternehmens in Bezug auf Design. Während Unternehmen auf Stufe 1 Design nicht systematisch anwenden, ist Design bei Unternehmen auf Stufe 4 ein integraler Bestandteil der Unternehmensstrategie.
Ein schlecht designtes Kundenerlebnis macht sich schnell bemerkbar. Unrühmliches Beispiel ist der USB-Stick: Nur in seltenen Fällen schafft man es, ihn direkt beim ersten Versuch einzustecken. In der Annahme, man hat die falsche Seite erwischt, dreht man ihn um. Geht auch nicht. Also nochmal mit der anderen Seite. Irgendwann klappt es hoffentlich.
Beim Design geht es darum, die unterschwelligen Bedürfnisse der Benutzer zu verstehen und entsprechende Lösungen zu entwerfen. Gleichzeitig reduziert Design das Risiko in der (Produkt-)Entwicklung. Durch iteratives Testen und Anpassen zusammen mit den Benutzern in der Designphase wird Feedback aufgenommen und umgesetzt. So vermeidet man kostspielige Änderungen in der Umsetzung.
Eine McKinsey Studie von 2018 liefert beeindruckende Ergebnisse: Designorientierte Unternehmen erzielten schnelleres Wachstum sowie signifikant höhere Umsätze und Aktionärsrenditen. Gutes Design hilft, sich klar von anderen Unternehmen abzuheben und schafft Aufmerksamkeit. Es ist der Schlüssel eines nachhaltigen kommerziellen Erfolgs von Produkten oder Dienstleistungen.
Tipp 1: Beginnen Sie, designorientiert zu denken. Holen Sie sich einen Designer zu Hilfe oder eignen Sie sich entsprechende Design-Techniken an, wie Design Thinking oder Design-Sprints.
Physische Touchpoints
Physische Touchpoints sind alle Stationen auf der Customer Journey, bei denen der Kunde mit dem Unternehmen oder dem Produkt in der realen Welt in Kontakt kommt; im Gegensatz zu Touchpoints in der virtuellen Welt (Web, Email, App, etc.). Physische Touchpoints sind sehr breit gefächert und von ganz unterschiedlicher Art. Sie reichen von der Verkaufsstelle über Verkaufsmuster bis hin zur individuellen Beratung und Empfehlungen von Freunden und weiter. Bei physischen Erfahrungen werden mehrere Sinne gleichzeitig angesprochen: das Gehör (Musik), der Geruch (Duft), die visuelle Wahrnehmung, der Tastsinn und manchmal sogar der Geschmack. Nicht umsonst baut Lindt ein «Home of Chocolate» für 100 Millionen Franken. Das interaktive Museum soll Lindt nachhaltig in den Köpfen der Besucher verankern und die Reputation der Marke stärken und eben ein Erlebnis schaffen.
Das heisst aber nicht, dass nun jedes Unternehmen ein riesiges Budget in die Hand nehmen muss. Auch mit kleinem Mitteleinsatz lässt sich viel erreichen. Wohl schon bei den meisten Firmen Standard ist die sorgfältige Gestalltung der ganzen papierbasierten Kommunikation (Rechnung, Briefe, Visitenkarten, ...). Ein bewusst und ansprechend gestalteter Kundenbereich, der angebotene Kaffee oder ein nettes Give-Away können grosse Wirkung erzielen und hinterlassen einen positiven Eindruck. Beim Paketversand wäre das beispielsweise eine hübsche Verpackung oder eine individuelle Grusskarte.
Tipp 2: Sprechen Sie mit Vertretern aus verschiedenen Abteilungen in Ihrem Unternehmen. Sammeln Sie Ideen, womit Sie Ihren Kunden eine Freude machen oder ihren Service noch verbessern können.
Digitale Touchpoints
Schweizer verbringen durchschnittlich rund 25 Stunden pro Woche im Internet (Studie Universität Zürich 2019). Digitale Kanäle sollten keinesfalls vernachlässigt werden. Jedoch ist es nicht das Ziel, die Kunden im digitalen Raum mit Werbebotschaften zu überfluten, sondern die richtige Botschaft zum richtigen Zeitpunkt zu platzieren. Überlegen Sie sich, auf welchen Kanälen Ihre Zielgruppe unterwegs ist und wie Sie diese für sich nutzen können. Für eine Apotheke könnte das z.B. ein Webshop sein, über welchen sie ein ganz spezifisches Medikament oder ihre hauseigenen Rezepturen verkauft. Für Versicherungsangestellte ist es eine Quiz-App, mit welcher sie ihre gesetzliche Weiterbildungspflicht mit Spiel und Spass erfüllen.
Generell gilt, dass Kunden vor einem Kauf im Durchschnitt 17 verschiedene Berührungspunkte (=Touchpoints) mit einer Marke oder einem Produkt haben, sofern es sich nicht um einen alltäglichen Routine-Kauf handelt. Die Customer Journey ist lang. Sie beschreibt den Weg eines Kunden vom Bedürfnis («einfacher von A nach B kommen») bis zur finalen Kaufentscheidung («ich kaufe mir ein Fahrrad / Auto / ÖV-Abo») und darüber hinaus. Unternehmen müssen deshalb für ein möglichst effizientes Zusammenspiel verschiedener physischer und digitaler Touchpoints sorgen, um sich in den Köpfen der Konsumenten zu verankern. Lesen Sie mehr dazu in unserem Beitrag «Multichannel-Strategien für einen gelungene Customer Journey.»
Tipp 3: Listen Sie sämtliche Touchpoints ihres Kaufprozesses und die entsprechenden Kanäle auf. Überlegen Sie, welche Touchpoints eventuell noch fehlen und welche Kontaktpunkte unnötig sind.
Events
In der aktuellen Covid-19-Situation schwierig, aber grundsätzlich sind Events ein hervorragendes Element, um Erlebnisse zu schaffen. Die Gäste nehmen eine aktive Rolle ein und beeinflussen die Veranstaltung massgeblich mit. Typische Business-Events sind Messen, Konferenzen, Vorträge oder Workshops. Häufig steht dabei weniger die Aufnahme von Informationen, sondern das Networking im Vordergrund. Auch Social Events bieten echten Mehrwert. Unterhaltsame Ausflüge lockern die Stimmung, wodurch man auch auf persönlicher Ebene mit Kunden oder Partnern in Kontakt treten kann. Und aktuell geht es auch online. Das zeigt die Digitalagentur Dept, die regelmässig zu ihren Dept Talks einlädt. Je nach Thema erzielen sie mit ihrem YouTube Stream zwischen 400 und 1000 Views.
Tipp 4: Überlegen Sie, mit welchen Events Sie Ihre Kunden aktivieren und begeistern können. Starten Sie dazu auch gern eine Befragung unter Ihren Kunden. So erhalten Sie wertvolle Insights.
Darum
Unternehmen, die ein hochwertiges Kundenerlebnis anbieten wollen, investieren in Lösungen auf allen Kanälen – mobile Apps, Webseiten, Verkaufsstellen, Events und mehr. Holen Sie Ihre Kunden auf emotionaler Ebene ab. Während Produkte und Dienstleistungen in der Regel eher sachlich / rational sind, rufen Erlebnisse individuelle Gefühle und Emotionen hervor. Und das bleibt im Kopf.
Unternehmen schaffen Vertrauen, indem sie Kunden auf persönliche und einprägsame Weise ansprechen.
Ihr Kerngeschäft sind nach wie vor Ihre Produkte oder Dienstleistungen, aber überlegen Sie, was Sie Ihren Kunden darüber hinaus noch bieten können. Sprechen Sie mit verschiedenen Abteilungen, um einen 360° Blick auf Ihre Kunden und deren Bedürfnisse zu erhalten. Scheuen Sie sich nicht, direkt mit ihren Kunden zu sprechen und diese ganz offen zu fragen. Was wäre das Tüpfelchen auf dem i? Damit zeigen Sie Wertschätzung und Nahbarkeit – und welcher Kunde mag da nicht? So sichern Sie sich die Begeisterung und Loyalität.
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